EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
V: Gustav Bumcke – Sonata Bb minor op. 68
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EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
I: Edmund von Borck – Introduction and Capriccio op. 11 (1934)

1 Introduction and Capriccio EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
I: Edmund von Borck – Introduction and Capriccio op. 11 (1934)
1 Introduction and Capriccio

II: Paul Dessau – Suite (1935)

2 Petite Ouverture EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
II: Paul Dessau – Suite (1935)
2 Petite Ouverture

3 Air EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
II: Paul Dessau – Suite (1935)
3 Air

4 Serenade EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
II: Paul Dessau – Suite (1935)
4 Serenade

III: Berhard Heiden – Sonata (1937)

5 Allegro EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
III: Berhard Heiden – Sonata (1937)
5 Allegro

6 Vivace EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
III: Berhard Heiden – Sonata (1937)
6 Vivace

7 Adagio – Presto EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
III: Berhard Heiden – Sonata (1937)
7 Adagio – Presto

IV: Erwin Dressel – Bagatelles (1938)

8 Elegie EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
IV: Erwin Dressel – Bagatelles (1938)
8 Elegie

9 Scherzo EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
IV: Erwin Dressel – Bagatelles (1938)
9 Scherzo

10 Aria EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
IV: Erwin Dressel – Bagatelles (1938)
10 Aria

11 Gigue EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
IV: Erwin Dressel – Bagatelles (1938)
11 Gigue

V: Gustav Bumcke – Sonata Bb minor op. 68

12 Allegro appassionato EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
V: Gustav Bumcke – Sonata Bb minor op. 68
12 Allegro appassionato

13 Sostenuto EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
V: Gustav Bumcke – Sonata Bb minor op. 68
13 Sostenuto

14 Allegro molto EDA 22: Music for Saxophone from Berlin – Vol.2: 1934–1938
V: Gustav Bumcke – Sonata Bb minor op. 68
14 Allegro molto

In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann in Berlin eine kompositorische Auseinandersetzung mit dem Saxophon als klassischem Instrument. Abgerissen durch Repression und Krieg, fand sie ihre Fortsetzung erst in den 80er Jahren. Diese CD ist die mittlere einer dreiteiligen Reihe, die Kompositionen für die Kammermusikgattung Altsaxophon und Klavier präsentiert. Die Serie beginnt im Jahre 1930 und spannt einen Bogen in das kompositorische Geschehen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Vol. 1 (EDA 21) und Vol. 2 thematisieren die 30er Jahre (1930–1932 bzw. 1934–1938), Vol. 3 (EDA 29) widmet sich der Musik ab 1982, wobei die jüngsten Kompositionen dem Duo Frank Lunte und Tatjana Blome zugeeignet sind.

"Das Saxophon beginnt nun erst seinen eigentlichen Siegeszug, und zwar auch in der modernen, seriösen Opern- und Konzertmusik. Nur langsam wagt man sich an dieses eigenartige, in der Klangfarbe höchst individuelle Instrument heran. [...] Es läßt sich unschwer erkennen, welche Bedeutung in Zukunft die Verwendung eines oder mehrerer Saxophone in der ernsten Kunstmusik gewinnen kann." (Edmund von Borck: Bläser heraus!, in: Allgemeine Musikzeitung Berlin, 12. Februar 1932)

Als einer der brillantesten jungen deutschen Komponisten galt in den 30er Jahren Edmund von Borck. Geboren 1906 im schlesischen Breslau, erhielt er seine Ausbildung in Komposition, Klavier und Dirigieren in seiner Heimatstadt sowie in Berlin. Im Anschluss war er kurzzeitig in Frankfurt als Kapellmeister am Opernhaus tätig, kehrte jedoch bald nach Berlin zurück und lehrte am "Konservatorium der Reichshauptstadt". Als Dirigent arbeitete er mit den Berliner Philharmonikern und dem Concertgebouw-Orchester in Amsterdam. Sein Konzert für Saxophon und Orchester op. 6 war das erste Solokonzert für dieses Instrument; der legendäre Saxophon-Virtuose Sigurd Raschèr hatte es angeregt. Unter von Borcks Leitung wurde es 1932 mit den Berliner Philharmonikern im Rahmen der Tagung des Deutschen Tonkünstlerverbandes in Hannover mit großem Erfolg uraufgeführt.

Das hier eingespielte Werk Introduktion und Capriccio op. 11 entstand zwei Jahre später und ist exemplarisch für den von Hans Gresser folgendermaßen beschriebenen Kompositionsstil: "Der so gut wie nie abreißende rhythmische Impetus [beruht] [...] auf dem wechselseitigen Sich-Vorantreiben verschiedener Stimmen. [...] Die auch bei von Borck festzustellende Vorliebe für eine gewisse Quartenharmonik ist typisch für eine Zeit, in der die Komponisten von der überreichen Chromatik der "Tristan"-Nachfolge fortstrebten, zur 'klassischen' Harmonik nicht zurückkonnten, aber weit überwiegend auch nicht zu Atonalität und Dodekaphonie neigten, alle aber neue Wege aus den Bindungen der Dur-Moll-Tonalität heraussuchten." (Hans Gresser: Edmund von Borck – ein Fragment, Laumann-Verlag, Dülmen 1989). Durchaus atonal führt von Borck durch die Introduktion, deren unruhige Sechzehntel-Triolen auf einem beherrschenden Quarten-Fundament aufbauen. Die Dramatik kulminiert in einem Doppeltriller, der unvermittelt das Capriccio einleitet. Die Tänzerisches suggerierende 6/8-Vorgabe wird durch "falsche" Akzente auf den leichten Zählzeiten ad absurdum geführt. Häufige Tempowechsel unterstreichen den vitalen Expressionismus, der von Borcks gesamtes Œuvre auszeichnet.

Als Komponist konnte von Borck rasch Erfolge verzeichnen, die jedoch keineswegs auf eine besondere Gönnerschaft des herrschenden Regimes zurückzuführen waren. Zwar konnte er trotz seiner unangepassten Tonsprache unbehelligt arbeiten, die Tatsache, dass von Borck bereits 1940 zum Heeresdienst eingezogen wurde, deutet hingegen auf die planvolle Verhinderung einer dem Regime voraussehbar unliebsamen Karriere hin. Da die deutschen Truppen im verbündeten Italien zunächst nur auf Präsenz bedacht und nicht in Kampfhandlungen verwickelt waren, konnte sich von Borck gelegentlich von seinem dortigen Stützpunkt beurlauben lassen. So hatte er die Möglichkeit, die Uraufführung seiner Oper Napoleon zu begleiten, die 1942 in Gera stattfand – mit triumphalem Erfolg. Es sollte sein letzter sein: Edmund von Borck fiel am 15. Februar 1944 im Alter von 38 Jahren in Nettuno/Italien.

Paul Dessau wurde 1894 in eine Familie mit musikalischer Tradition geboren; Urgroßvater und Großvater waren Kantoren an der deutsch-jüdischen Gemeinde in Hamburg. Dessau lernte zunächst Violine, entschied sich aber später für die Kapellmeisterlaufbahn. 1912/13 erhielt er sein erstes Engagement als Korrepetitor am Hamburger Stadttheater. Nach dem Militärdienst 1915-1918 übernahm er 1919 die Kapellmeisterstelle an der Kölner Oper unter Otto Klemperer, mit dem ihn seitdem eine lebenslange Freundschaft verband. Es folgte 1923 die Position des 1. Kapellmeisters in Mainz und zwei Jahre später die gleiche Tätigkeit an der Städtischen Oper Berlin unter Bruno Walter, die er bis 1927 inne hatte. 1928 – noch in der Zeit des Stummfilms – wurde Dessau vom Berliner Alhambra-Kino zunächst als Geiger, dann auch als Kapellmeister und Komponist engagiert. In diesem Kino etablierte er neuartige Kulturprogramme; in seinen "Mitternachtskonzerten" wirkten u.a. Paul Hindemith, Arthur Schnabel, Kurt Weill und Otto Klemperer mit. Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten flüchtete Dessau aus Deutschland und ging zunächst nach Paris. Dort lernte er René Leibowitz kennen und begann, sich mit der Zwölftontechnik auseinanderzusetzen. Dessau war stets um die Beherrschung unterschiedlicher Kompositionstechniken bemüht, jedoch nie Verfechter ausschließlich einer Strömung. "Musik hängt nicht von den Mitteln ab, weder von den Glissandi, noch von den Pizzikati, noch von hinterm Steg, noch von unterm Steg und rin in die Westentasche und Mundstück raus und reingepustet. Das kann man machen, gewiß - Hauptsache aber, die Musik ist gut. Neue Mittel sind keine Garantie für gute Musik. Es gibt keine Garantie für gute Musik als gute Musik." (aus: Aus Gesprächen mit Paul Dessau, VEB Deutscher Verlag für Neue Musik, Leipzig 1974)

Die dreisätzige Suite für Altsaxophon und Klavier schrieb er 1935 in Paris, noch vor seiner Begegnung mit Leibowitz und der Dodekaphonie. Über ihre Entstehung ist nur wenig bekannt. Der zweite Satz ist mit einer freundschaftlichen Widmung an Sigurd Raschèr versehen, die Ecksätze wurden wahrscheinlich später im selben Jahr komponiert. In der Petite Ouverture treibt ein ostinates Begleit-Pattern im Klavier die in ihrem Gestus enervierende Saxophon-Melodie beständig vor sich her. Der B-Teil lässt nur scheinbar Entspannung aufkommen; die Reprise beschränkt sich auf eine kurze Wiedererkennung, um abrupt abzureißen. Die Überleitung zur Air atmet bereits deren Geist – Melancholie und Entrückung greifen Raum. Umso ausgelassener entwickelt sich der dritte Satz Serenade, der, reich an Verzierungen und mit dem für die jiddische Musik typischen seufzenden Nachdrücken von Tönen, Dessaus Beschäftigung mit seiner jüdischen Herkunft erkennen lässt. Während Dessau das Saxophon um die Zeit der Entstehung der Suite in einige Orchesterwerke einbezog, hinterließ er in seinem kammermusikalischen Œuvre allein das hier eingespielte Werk für dieses Instrument.

Mit dem Exil begann Dessaus politische Positionierung, die sich in künstlerisch-ästhetischer Weise zunehmend in seinen Werken widerspiegelte. Das berühmteste Beispiel ist das ebenfalls in Frankreich entstandene Lied Die Thälmannkolonne. Bei Kriegsausbruch 1939 ging er in die USA, wo eine intensive Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht begann. 1948 kehrte er nach Deutschland zurück und entschied sich als überzeugter Kommunist für die sowjetische Zone als Wohnort. Aufgrund seiner kritischen Solidarität mit der SED wurden seine Werke von den staatlichen Kulturinstanzen der DDR mit Argwohn betrachtet. Dennoch fühlte sich er sich seinem Land moralisch, politisch und künstlerisch verpflichtet. Am 28. Juni 1979 starb Paul Dessau in Zeuthen bei Berlin.

Der aus einem musikalischen Elternhaus stammende Bernhard Heiden (früher Levi) wurde 1910 in Frankfurt am Main geboren. Schon früh erhielt er künstlerische Impulse von Seiten seiner Mutter; häufige Hausmusiken begleiteten seine Kindheit. Mit fünf Jahren erhielt er erste Klavierstunden, einige Jahre später auch Violin- und Klarinettenunterricht. Die ihm anvertraute Leitung eines Frankfurter Schulorchesters war prägend für seine weitere musikalische Entwicklung. Auch lernte er den zu dieser Zeit noch in Frankfurt lebenden Paul Hindemith kennen, der von 1929 bis 1933 an der Berliner Hochschule für Musik sein Kompositionslehrer werden sollte. Hindemith stand seinem neuen Schüler und dessen Arbeiten sehr kritisch gegenüber – dennoch setzte Heiden seine Studien bei ihm fort und nannte ihn später stets seinen wichtigsten Lehrer und Mentor. In seinem letzten Ausbildungsjahr errang er – wie zum Lohn für sein Ausharren – den begehrten Mendelssohn-Preis für Komposition. Zwei Jahre später emigrierte er aufgrund seiner jüdischen Herkunft mit seinen Eltern in die USA und ließ sich zunächst in Detroit nieder, wo er sich schnell in das musikalische Leben integrierte und als Komponist, Arrangeur, Pianist, Cembalist und Organist arbeitete. Auch dirigierte er das Detroit Chamber Orchestra und lehrte von 1935 bis 1943 an der Art Center Music School.

Heiden lernte bereits in Berlin die neuartige, "klassische" Behandlung des Saxophons in orchestralen Kontexten in Ravels Bolero, Mussorgsky/Ravels Bilder einer Ausstellung und Hindemiths Neues vom Tage kennen. Letzterer schrieb 1933 das Konzertstück für zwei Altsaxophone, das im Kreise seiner Studenten für Diskussion sorgte. Doch sollten einige Jahre vergehen, bis Heiden sich zu einer Komposition für Saxophon entschloss. Erst die Bekanntschaft mit dem Detroiter Saxophonisten Larry Teal bewog ihn 1937, die Sonate für Altsaxophon und Klavier zu schreiben. Gemeinsam stellten sie das Werk dem gerade in der Stadt weilenden Hindemith vor, der seinem ehemaligen Schüler daraufhin die lang ersehnte Anerkennung zuteil werden ließ und ihm zudem die Veröffentlichung der Sonate beim Musikverlag Schott ermöglichte. Zu Heidens Überraschung spielte Sigurd Raschèr die Sonate 1945 ein, obwohl er anfänglich Bedenken bezüglich der Tonhöhe hatte. "Ich zeigte ihm meine Sonate und er sagte, es sei alles zu tief – es sei alles eine Oktave zu tief." (Bernhard Heiden, Interview mit Thomas Walsh, 12. Feb. 1996, Bloomington, Indiana, Tonbandaufzeichnung) Durch Drucklegung und Schallplattenproduktion wurde das Werk zu einem der meistgespielten Stücke für Saxophon und Klavier in Amerika.

Die Sonate ist in ihrer Form neoklassizistisch und streng polyphon. Der erste Satz Allegro ist bemerkenswert durch seine rhythmisch akzentuierte Faktur, die stark an die kontrapunktische Linearität Hindemiths erinnert. Ein quasi barocker Geist liegt auf dem zweiten Satz Vivace, dessen Klavierpart generalbassartiges Cembalospiel imitiert. Der letzte Satz beginnt mit einem elegischen Adagio, dessen Hauptmotive im anschließenden Presto zunächst in ihrer Originalgestalt aufgegriffen werden, bevor sie als bloße motivische Reminiszenzen den geschäftigen Sechzehntel-Ketten beider Instrumente immer wieder Einhalt gebieten. Nach einem letzten kurzen Adagio-Einschnitt entlädt sich die Spannung in einer furiosen Coda.

Heiden wurde 1941 eingebürgert und 1943 zur US-amerikanischen Armee eingezogen – als "Assistant Bandmaster" der 445sten Army Service Band. 1945, nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst, studierte er Musikgeschichte an der renommierten Cornell University. 1946 übernahm er die Leitung der Kompositionsklasse an der Indiana University School of Music, eine Position, die er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1981 innehatte. Heiden wurde mit mehreren renommierten Kompositionspreisen ausgezeichnet. Er starb am 30. April 2000 in Bloomington/Indiana.

Schon in jungen Jahren machte sich 1909 in Berlin geborene Erwin Dressel mit Opernkompositionen einen Namen. Erst vierzehnjährig debütierte er mit einer Bühnenmusik zu Shakespeares Komödie Viel Lärm um nichts am Berliner Staatlichen Schauspielhaus. Seine musikalische Ausbildung erhielt Dressel in seiner Heimatstadt am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium. Ab 1919 war er dort Kompositions-Schüler von Wilhelm Klatte, 1924 wechselte er an die Hochschule für Musik zu Paul Juon. 1926 begann die Zusammenarbeit mit dem Dresdner Bildhauer und Schriftsteller Arthur Zweiniger, der ihm eine Reihe von Opernlibretti schrieb. 1928 wurde das erste gemeinsame Werk, die Oper Armer Kolumbus, mit großem Erfolg am Staatstheater Kassel uraufgeführt, woraufhin die Kritiker dem gerade 19-jährigen Komponisten eine glänzende Zukunft prophezeiten. Weitere Uraufführungen seiner Opern, die sämtlich auf Texten von Arthur Zweiniger basierten, folgten. 1927 bis 1928 leitete er die Schauspielmusik an den Städtischen Bühnen Hannover und war bis zum Krieg freiberuflich für den Rundfunk tätig.

Dressels Musik zeichnet sich durch eingängige, aber nicht triviale Melodik und opulente, dabei nicht bombastische Harmonik aus. In den Bagatellen kommt diese Schreibweise besonders in der Elegie und den ruhig gehaltenen Mittelteilen des Scherzos und der Gigue zum Ausdruck. Die Bagatellen erscheinen schlanker und gefasster als die sechs Jahre früher entstandene Sonate Es-Dur op. 26 (eingespielt auf EDA 21), die den Überschwang jugendlicher Erzählfreude in sich trägt. Dressel schrieb drei Werke für Saxophon und Klavier, zwei davon in den 30er Jahren. Wie alle seine Saxophonwerke (darunter zwei Solokonzerte) sind auch die 1938 entstandenen Bagatellen Sigurd Raschèr gewidmet.

Nach Rückkehr aus britischer Kriegsgefangenschaft konnte er an seine Erfolge in jungen Jahren nicht mehr anknüpfen und geriet als Komponist in Vergessenheit. Bis zu seinem Tod am 17. Dezember 1972 lebte Erwin Dressel als freischaffender Musiker in Berlin.

Der Komponist und Musikpädagoge Gustav Bumcke wurde 1876 in Berlin geboren und erhielt seine Ausbildung u.a. bei Max Bruch und Engelbert Humperdinck. Nach dem Studium war er zunächst drei Jahre lang Theaterkapellmeister in Konstanz, Heilbronn und Bayreuth. 1902 lernte er während eines Paris-Aufenthaltes Adolphe-Edouard Sax (1859–1945) kennen, den Sohn des Erfinders des Saxophons Adolphe Sax (1814–1894). Das ihm vorgestellte Instrument faszinierte ihn sofort – mit acht Saxophonen in allen Größen kehrte er nach Berlin zurück und begann, das Saxophon, aufbauend auf seinen Hochschulstudien in den Fächern Trompete und Klavier, in klassischer Manier zu erlernen. Fasziniert von den klanglichen Möglichkeiten, setzte er es noch im gleichen Jahr in einer Symphonie (vermutlich op. 15) ein. Parallel zu seinem umfangreichen kompositorischen Schaffen für dieses Instrument hatte er – neben seinen Lehraufträgen für Musiktheorie, Harmonie und Komposition – ab 1924 auch eine Dozentur für Saxophon am Stern'schen Konservatorium in Berlin inne und gründete dort die erste Saxophonklasse Deutschlands. Wie schwierig es war, das "für die Musik so wertvolle Instrument" durchzusetzen, beklagte Bumcke im Vorwort seiner Saxophon-Schule von 1926: "In vielen Fällen mußte es bei den Aufführungen durch andere Instrumente ersetzt werden, da es meist an guten Bläsern dafür mangelte. Vor allem fehlte es gänzlich an Verständnis bei Presse und Publikum für meine Idee, das Instrument hier in Deutschland einzuführen. Der Wert des Saxophons ist auch heute noch nicht voll anerkannt. Aber die Zeit ist nicht allzu fern, wo man ihn erkennen wird. [...] Denn das Saxophon ist vor allem ein edles, für ernste Musik in Betracht kommendes Instrument, das seine eigentliche Würdigung erst in der symphonischen Musik finden kann." (Gustav Bumcke, Saxophonschule, Verlag Anton J. Benjamin, Leipzig 1926) Ende der 20er Jahre formierte er das "Erste Deutsche Saxophon-Orchester" sowie ein Saxophon-Quartett, in dem auch Sigurd Raschèr für kurze Zeit mitwirkte. Bumcke konnte seine Tätigkeit am jüdischen Stern'schen Konservatorium ab 1936 nicht mehr ausüben. Die Nationalsozialisten benannten es in diesem Jahr in "Konservatorium der Reichshauptstadt" um. Der neue Direktor, Prof. Kittel, wollte Bumcke als Lehrkraft halten, verlangte von ihm aber den Eintritt in die NSDAP, was dieser konsequent ablehnte.

Bumckes herausragendes Wirken als Pionier und Wegbereiter des klassischen Saxophons in Berlin findet einen Höhepunkt in der Sonate b-Moll op. 68 aus dem Jahre 1938, einer Zeit, als er bereits von den Nationalsozialisten seines Amtes als Dozent für das "entartete" Saxophon enthoben war. Das im spätromantischen Stil gehaltene und ganz dem traditionellen Aufbau der Sonatenform entsprechende dreisätzige Werk entstand unter dem Eindruck seines zerschlagenen Lebenswerkes. Zwar konnte Bumcke am Berliner Klindworth-Scharwenka-Konservatorium weiterhin einer Lehrtätigkeit im Fach Musiktheorie nachgehen, seine Saxophonschüler konnten fortan nur noch den "konspirativen" Privatunterricht besuchen. Den Krieg überdauerte er ohne Einberufung zum Heeresdienst, vermutlich aufgrund seines fortgeschrittenen Alters. Nach Gründung der DDR nahm er eine Dozentur für Musiktheorie an der Deutschen Hochschule für Musik in Ost-Berlin an, die er erst 1955 im Alter von fast 80 Jahren abgab. Gustav Bumcke starb am 4. Juli 1963 in Kleinmachnow bei Berlin.

Mit dem Pionier des klassischen Saxophons in Deutschland schließt sich thematisch der Kreis der Vol. 1 und 2 der Reihe Musik für Saxophon aus Berlin, in denen Werke aus der kurzen Blütezeit des Saxophons in den Jahren 1930–1938 dokumentiert sind. In ihrer Folge stehen Kompositionen von 1982 bis 2004, die den Abschluss der dreiteiligen CD-Serie bilden.

Tatjana Blome und Frank Lunte, September 2003

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