EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
III: Simon Laks – String Quartet no. 5 (1963)
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EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
I: Joachim Mendelson – String Quartet no. 1 (c. 1925)

1 Moderato con spirito EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
I: Joachim Mendelson – String Quartet no. 1 (c. 1925)
1 Moderato con spirito

2 Largo EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
I: Joachim Mendelson – String Quartet no. 1 (c. 1925)
2 Largo

3 Allegro con brio EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
I: Joachim Mendelson – String Quartet no. 1 (c. 1925)
3 Allegro con brio

II: Roman Padlewski – String Quartet no. 2 (1940–42)

4 Praeludium in modo d'una toccata EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
II: Roman Padlewski – String Quartet no. 2 (1940–42)
4 Praeludium in modo d'una toccata

5 Introduzione e Fuga EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
II: Roman Padlewski – String Quartet no. 2 (1940–42)
5 Introduzione e Fuga

III: Simon Laks – String Quartet no. 5 (1963)

7 Allegro moderato EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
III: Simon Laks – String Quartet no. 5 (1963)
7 Allegro moderato

8 Adagio molto EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
III: Simon Laks – String Quartet no. 5 (1963)
8 Adagio molto

9 Scherzo. Quasi presto EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
III: Simon Laks – String Quartet no. 5 (1963)
9 Scherzo. Quasi presto

10 Allegro giocoso EDA 34: Poland Abroad – String Quartets
III: Simon Laks – String Quartet no. 5 (1963)
10 Allegro giocoso

Nach Ersteinspielungen von Werken für Streichorchester (Vol 1, EDA 26) und von Symphonischen Dichtungen (Vol 2, EDA 27) präsentiert das vorliegende dritte Volume der Serie "Poland Abroad" unbekannte polnische Beiträge zur Gattung des Streichquartetts, ebenfalls in Ersteinspielungen. Die Auswahl der Kompositionen und Komponisten steht im Zusammenhang mit einem Schwerpunkt innerhalb der Reihe, der den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs und den unmittelbaren Folgen der Shoah für das polnische Musikleben gewidmet ist. Dies erklärt auch die Einbeziehung von Roman Padlewski in den Reigen herausragender polnischer Komponisten, denen eda records mit dieser Serie Reverenz erweisen möchte. Ist der "abroad"-Aspekt in den Biographien von Laks und Mendelsohn offensichtlich – beide lebten und wirkten einen bedeutenden Teil ihres Lebens in Paris, Laks nahm 1956 die französische Staatsbürgerschaft an -, so machte der tragische frühe Tod des erst 29-jährigen Padlewski während des Warschauer Aufstandes im Sommer 1944 mögliche Pläne eines Aufenthaltes im Ausland zunichte, der für mehr als eine polnische Komponisten-Generation selbstverständlich gewesen war und in vielen Fällen zu einem dauerhaften Leben "abroad" führte.

Von den drei hier vorgestellten Komponisten überlebte lediglich Szymon (in Frankreich später Simon) Laks Weltkrieg und Shoah, und dies auch nur dank einer "unendlichen Reihe von Wundern", wie er später in seinem Überlebensbericht konstatierte. Konnte in den letzten Jahren einiges zur seiner Wiederentdeckung getan werden, dank verlegerischer Aktivitäten, durch den Einsatz engagierter Musiker und Orchester und einer Rundfunkanstalt, die die diskographische Aufarbeitung der Folgen des Nationalsozialismus für das europäische Musikleben nachhaltig unterstützte, so gilt es, diese Pionierarbeit für Roman Padlewski und Joachim Mendelsohn noch zu leisten. Es fehlte nicht viel, so hätte sich Hitlers erklärtes Ziel, die polnische und die polnisch-jüdische Kultur so nachhaltig auszuradieren, dass nachfolgende Generationen keine Spuren mehr von ihr würden finden können, an diesen beiden Biographien erfüllt.

Über Joachim Mendelsohn wissen wir nur das wenige, was sich in Isachar Faters Standarwerk "Jüdische Musik im Polen der Zwischenkriegszeit" findet und was sein Verlag, Max Eschig in Paris, an Informationen aus alten Verlagsakten zusammengetragen hat. Trotz intensiver Recherchen in Frankreich und Polen in den letzten Jahren (die Warschauer Archive wurden bei der systematischen Zerstörung Warschaus 1944 größtenteils vernichtet) konnten bis heute keine weiteren Fakten über sein Leben zutage gefördert werden. Wie auch im Falle Józef Kofflers scheinen er und seine gesamte Familie Opfer des Holocaust geworden zu sein. Er wird 1897 in Warschau geboren. Noch als Kind hat er einen Unfall, durch den er zeitlebens an einer ähnlichen Erkrankung leidet wie Toulouse-Lautrec. Er studiert am Warschauer Musikinstitut Komposition bei Henryk Opie?ski und Felicjan Szopski. Öffentliche Aufführungen seiner Werke sind ab 1917 (Warschauer Philharmonie) dokumentiert. Nach dem 1. Weltkrieg setzt er seine Studien in Berlin fort. Ende der 20er Jahre dann geht er nach Paris, wo er von der "Association des Jeunes Musiciens Polonais" aufgenommen wird. Szymon Laks, der eine führende Rolle in der Association spielt, setzt sich für ihn ein und bemühte sich bei Nadia Boulanger um Aufführungen seiner Werke. In dem hier dokumentierten Brief von Laks and Nadia Boulanger von 1928 oder 1929 geht es um ein Oktett Mendelsohns (vermutlich Bläser, mit Harfe und Kontrabass, es ist während des Krieges verschollen), das Laks für eine Aufführung durch die Société Musicale Indépendante vorschlägt, in der Nadia Boulanger im Kuratorium ist.

Mendelsohn widmet sein vermutlich bereits in Berlin entstandenes Streichquartett dem Roth-Quartett, das es auf Tournee in ganz Europa zur Aufführung bringt. Er lernt Karol Szymanowski kennen und vertieft die Freundschaft mit Alexandre Tansman, der ihn bei Max Eschig einführt, der sein Verleger wird. 1935 beruft Eugeniusz Morawski ihn als Lehrer für Musiktheorie und Harmonielehre an das Warschauer Konservatorium. Im Warschauer Ghetto ist er als Bewohner des Hauses in der Dzielna-Strasse 13 nachgewiesen, wo er 1943 von der SS ermordet wird.

Wer Mendelsohns Streichquartett zum ersten Mal unvoreingenommen und in Unkenntnis der Nationalität des Komponisten hört, wird möglicherweise in die Irre gehen. Dezidiert polnisch ist dieser Stil kaum, eher würde man den Komponisten vielleicht im tschechischen Kulturraum einordnen. Einflüsse Ravels und Debussys finden sich in bestimmten klanglichen und harmonischen Valeurs, die tänzerische Rhythmik und die oft modal gefärbte Melodik geben sich hingegen eindeutig slawisch. Auf einen Frühstil mag man tippen, wenn man die anderen erhaltenen Werke Mendelsohns kennt, die Sinfonietta etwa, die zweite Sinfonie oder das Klavierquintett mit Oboe, in denen sich eher ein deutscher Einfluss bemerkbar macht. Je mehr man sich allerdings in das dreisätzige Werk hineinhört, umso mehr treten die Charakteristika eines Personalstils hervor, der sich durch Eleganz, Raffinesse und die Selbstverständlichkeit eines meisterhaften Handwerks auszeichnet; eines Handwerks, das sich durch den dominierenden Charme, den ruhigen Atem und tänzerische Leichtigkeit dieser Musik nie in den Vordergrund spielt (Charakteristika, die mehr als einmal an den großen Namensvetter Felix denken lassen). Der Einfluß des französischen Néoclassicisme zeigt sich in der Klarheit des formellen Aufbaus und der emotionalen Ausgewogenheit.

Ein Werk gänzlich gegenteiliger Natur ist das zweite Streichquartett Roman Padlewskis, entstanden in Warschau in den Kriegsjahren 1940-42. Der am 7. Oktober 1915 in Moskau geborene Sohn der Pianistin Nadzieja Beresteniev und des Bakteriologen Leon Julian Padlewski war einer der großen universellen Musikertalente Polens seiner Generation. Als Geiger, Pianist, Dirigent und Musikwissenschaftler ausgebildet und im Posen der Vorkriegszeit auch als Musikschriftsteller und Journalist tätig, fällt seine erste Anerkennung als Komponist mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs zusammen. Als Absolvent der Artillerie-Offiziersschule in W?odzimierz Wo?y?ski diente er im September-Feldzug 1939 in der unabhängigen Einheit "Polesie", die unter dem Befehl des legendären Generals Franciszek Kleeberg erfolgreich zunächst gegen die Rote Armee, dann gegen die Deutsche Wehrmacht kämpfte. Ab November 1939 engagiert er sich in verschiedenen Funktionen im Warschauer Untergrund: militärisch, organisatorisch und auch musikalisch als Komponist, Solist und Kammermusiker. Padlewski war Mitglied des Vereins der Untergrundmusiker, der für den Geheimen Musikrat zuständig war, und war aktiv in seinen Abteilungen für Erziehung, Konzertleben, Unterstützung für Musiker, Wiederaufbau des Opernhauses und der Warschauer Philharmonie. Während des Warschauer Aufstands zeichnete er sich durch besondere Tapferkeit aus. Er wurde am 14. August 1944 von einem deutschen Soldaten bei dem Versuch, einen ferngelenkten Goliath Sprengpanzer zu entschärfen, in den Rücken geschossen. Da der Widerstand nur über wenige und unzureichende Panzer-Abwehrwaffen verfügte, übernahmen Freiwillige die lebensgefährliche Aufgabe, die Fernlenkungskabel der Goliaths manuell zu durchtrennen, bevor diese ihr Ziel erreicht hatten. Padlewski zählte dabei auf die Geschicklichkeit seiner "Geiger-Finger". Er erlag seinen Verletzungen in Ermangelung ausreichender medizinischer Versorgung zwei Tage später am 16. August.

Das tragische Schicksal des jungen Künstlers betraf auch den größten Teil seines Oeuvres. Mehrere während der Nazi-Okkupation komponierte Werke sind verloren, darunter Lieder auf Gedichte von Jerzy Liebert für Sopran und Orchester (1942), ein Violinkonzert (1944), Orchesterbearbeitungen von Bachs Toccata und Fuge d-Moll und D-Dur (1943) und das unvollendete Dritte Streichquartett (1944). Diese Werke verbrannten wahrscheinlich, als deutsche Einheiten die Stadt nach dem Aufstand im Herbst 1944 systematisch in Brand setzten. Dasselbe geschah mit den meisten seiner zwischen 1932 und 1939 komponierten und teilweise vor dem Krieg aufgeführten Kompositionen: das Erste Streichquartett (1933), ein Streichtrio (1937), die Studien für Orchester (1938), sowie Liedkompositionen und Klavierstücke. Die einzigen überlieferten Stücke aus der Kriegszeit sind zwischen 1940 und 1942 entstandene Kammermusikwerke: die Sonate für Violine solo (1941), die Suite für Violine und Klavier (1942), die Kurpische Suite (Suita kurpiowska), eine Bearbeitung für Violine und Klavier vierhändig einer Auswahl der Kurpischen Lieder Karol Szymanowskis (1941) und das Zweite Streichquartett (1940-42). Letzteres wurde durch einen Aktion des Geheimen Musikrats gerettet. Dieser wählte einige für besonders wertvoll erachtete Werke aus, die während der Kriegsjahre entstanden waren, kopierte sie auf Mikrofilm und ließ sie auf dem Luftweg nach London schmuggeln. Denn man fürchtete, dass sie unter den tragischen Bedingungen des Krieges nicht überdauern würden.

In seiner zwischen zarter Beseeltheit und schroffer Expressivität sich entfaltenden Ausdrucksvielfalt lässt sich in Padlewskis 2. Streichquartett eine gewisse seelisch Verwandtschaft mit dem Alban Berg der Lyrischen Suite erkennen. Offensichtlich ist eine an den späten Beethoven gemahnende Auseinandersetzung mit dem Vorbild Bach, die wie eine Fortschreibung dieses epochalen Dialogs über ein weiteres Jahrhundert anmutet. Padlewski trifft allerdings einen ganz eigenen, sehnsüchtigen und geradezu süchtig machenden Ton; und entwickelt eine originelle, prozessuale Kompositionstechnik, in der die Entwicklung des Materials weniger formal-logischen Gesetzmäßigkeiten als dem Psychogramm eines untergründigen seelischen Dramas zu folgen scheint. Unter Einbeziehung zyklischer Elemente weitet Padlewski das zweisätzige barocke Modell von Toccata und Fuge ins Epische und bezieht aus ihm die Spannung von frei improvisatorischen und streng kontrapunktischen Satztechniken, die sich im Lauf des Werkes immer mehr durchdringen. In dieser Hinsicht führt die Satzbezeichnung des zweiten Satzes Introduzione e fuga in die Irre, denn sie gibt Dichotomie vor, wo doch mindestens drei Formtypen – langsamer Satz, Sonatenhauptsatzform und Fuge – gleichzeitig wirksam sind. Schon beim ersten Hören spürt man, dass dem Werk etwas geheimnisvoll Berührendes eingeschrieben ist. Ein zunächst eher unauffälliges Detail, eine Seufzerfigur, die Padlewski im Praeludium im Vorfeld der Reprise einführt (ein über eine Oktave gezogenes Portato mit anschließendem fallendem Halbtonschritt), bekommt im zweiten Satz thematisches Gewicht bis es schließlich alle Fugen- und Kanonkünste und alles virtuose Passagenwerk in seinem erschütternden Lamento-Gestus aufsaugt.

Der in Warschau geborene Szymon Laks kam auf dem Weg über Wien nach Paris, wo er sich 1926 der gerade von Piotr Perkowski gegründeten "Association des Jeunes Musiciens Polonais" anschloss und aktiv in deren Organisation mitarbeitete. Wie u.a. sein Briefwechsel mit Nadia Boulanger zeigt, deren Klasse eine Vielzahl junger polnischer Komponisten durchlief, hatte Laks bereits Ende der zwanziger Jahre ein gewisses "standing" in der Pariser Musikszene. Er wurde von Alexandre Tansman unterstützt, einem der Protagonisten der "Ecole de Paris", und erfreute sich Aufführungen durch das renommierte Roth-Quartett, das sein 2. Streichquartett im Repertoire hatte. Der Ravel-Spezialist Vlado Perlemuter, ebenfalls ein polnisch-jüdischer Exilant, führte seine Klavierwerke auf und war auch der Uraufführungspianist von Laks? Cellosonate (EDA 31), die Laks dem renommiertesten französischen Cellisten der Zeit, Maurice Maréchal, in die Finger schrieb. Ob der legendäre polnische Geiger Pawe? Kochanski (enger Freund und Vertrauter Szymanowskis, Widmungsträger von dessen 1. und Uraufführungsinterpret von dessen 2. Violinkonzert) Laks - verschollene - Sonate concertante für Violine und Klavier zur Aufführung brachte, wie es der hier dokumentierte Brief an Nadia Boulanger nahelegt, ist nicht mit Sicherheit nachweisbar. Laks?

Karriere wurde 1940 brüsk beendet, als er nach der Kapitulation Frankreichs von den Behörden der mit Nazi-Deutschland kollaborierenden Vichy-Regierung aufgrund seiner jüdischen Abstammung interniert und im Sommer 1941 ins Vernichtungslager Auschwitz-II Birkenau deportiert wurde . Laks, dessen erste beide Quartette während des Krieges verloren gingen, widmete sich nach der Befreiung 1945 noch dreimal in größeren Abständen dieser Gattung. Sein 5. Quartett, 1963 entstanden, ist eines seiner letzten Werke, bevor er unter dem Eindruck des 6-Tage Krieges 1967 als Komponist gänzlich verstummte und sich nurmehr literarischen Arbeiten widmete. Wie andere Werke der Nachkriegszeit erlebte es seine Uraufführung erst Jahre nach dem Tod des Komponisten, am 2. Februar 1998 beim Hessischen Rundfunk durch das Pellegrini-Quartett anlässlich einer Veranstaltung des Fritz-Bauer-Instituts, das die deutsche Erstausgabe von Laks Buch "Musik in Auschwitz" gefördert hatte. Mittlerweile ist es im Repertoire des Schlesischen Streichquartetts, das es bei Konzerten in den USA, Polen und Deutschland zur Aufführung brachte.

Gegenüber dem 3. Quartett und anderen Werken der Nachkriegszeit, in denen sich Laks mit dem musikalischen Erbe seiner Heimat auseinandersetzt, gegenüber Werken wie der Sinfonietta für Streicher oder der Petite Suite légère für Orchester, in denen ironische Aphoristik im Geiste des Néoclassicisme dominiert, spielen im 5. Quartett andere für Laks typische kompositorische Tendenzen eine Rolle. Dies sind vor allem eine herbe Lyrizität und eine konstruktivistische Stringenz in der melodischen und rhythmischen Organisation. Die Harmonik, wiewohl quasi-tonale Zentren ausgebildet werden und ein erweitertes Stufendenken entsprechend der neoklassischen formellen Anlage als strukturierende Folie zu erkennen ist, ordnet sich der entschieden kontrapunktischen Lineatur der Stimmen unter. Tonale Themenbildungen sind aufgegeben zugunsten symmetrischer Intervallkonstellationen und einer bisweilen exzessiven Chromatik. Ausgefallene Spieltechniken und klangliche Effekte werden sparsam aber sehr wirkungsvoll eingesetzt, wie die geisterhaften sul-ponticello-Stellen im 3. und im 4. Satz, der als einziger auch mit volksliedhaften Elementen spielt. Laks wollte mit seinen in den 60er Jahren komponierten Werken, darunter die hinreißende, komisch-hintergründige Oper "L'Hirondelle inattendue", weder auf Konfrontationskurs mit der herrschenden Avantgarde gehen noch als verbitterter, weil vom Diskurs der jungen Bilderstürmer ausgeschlossener Konservativer krampfhaft die alten Werte hochhalten. Wie so viele andere nach dem zweiten Weltkrieg ins künstlerische Abseits geratene Komponisten, die ihre musikalische Sozialisierung in den 20er Jahren erlebten und in den 30 Jahren selber Teil eines Establishments waren, wäre ein Umschwenken zu den Dogmen der Darmstädter Schule und den aus ihnen resultierenden neuen Richtungen nicht aus innerer Überzeugung, sondern nur aus Opportunismus möglich gewesen.

Anders etwa als bei den ebenfalls dem Néoclassicisme verpflichteten Komponisten der "Groupe des Six", die vor dem Krieg bereits einen Platz im internationalen Musikleben beansprucht hatten und die stilistische Wende der Boulez und Stockhausen in den 50er Jahren nicht mitvollzogen , wog der biographische Einschnitt zwischen 1940 und 1945 bei Laks extrem schwer. Bei Ausbruch des Krieges zu jung und kaum etabliert, kehrte er nach der Hölle von Auschwitz nicht in die Heimat und nicht in eine Normalität zurück, sondern ins Exil, in dem sich die Parameter des kulturellen (Über-)Lebens vollkommen geändert hatten. Das Netzwerk der "Jeunes Musiciens Polonais" war nicht mehr aktiv, und es mangelte an den nötigen "connections". Aus der historischen Distanz von heute, wo andere Kriterien der Beurteilung an die Werke angelegt werden als der Grad der ‚Fortgeschrittenheit des Materials', ist eine unvoreingenommene Ein- und Wertschätzung dieser "lost generation" vor dem Hintergrund der beiden Weltkriege, den ästhetischen Revolutionen und Restaurationen des 20. Jahrhunderts endlich möglich geworden. Und man kann nur hoffen, dass das Musikleben an diesen endlich gehobenen Schätzen nicht weiter vorbeigehen wird. Frank Harders-Wuthenow/Katarzyna Naliwajek-Mazurek Gratias agimus: An erster Stelle sei dem Schlesischen Streichquartett für die wunderbare Kooperation gedankt, die ihren Anfang bei dem von Primavera Gruber und dem Orpheus Trust im Mai 2006 an der Wiener Musikuniversität veranstalteten internationalen Symposium zum Thema der "Verdrängten Musik in den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts" nahm. Der Dank geht an die Musiker besonders auch für die Anregung zur Ersteinspielung des 2. Streichquartetts von Roman Padlewski. Gérald Hugon, dem künstlerischen Direktor des Verlages Durand, Eschig Salabert (BMG) in Paris, sie für die Anregung zur Beschäftigung mit Joachim Mendelsohn gedankt, die auf das Jahr 2001 zurückgeht. Den Tonmeistern im Aufnahmestudio in Katowice ist eine wunderbar warme und transparente Aufnahme gelungen, deren klangliche Prägnanz und Ausgewogenheit für die Beurteilung dieser Werke, für die es keine Aufführungs- und Interpretationsgeschichte gibt, von entscheidender Bedeutung ist. Und last but not least sei der Stiftung Musica Pro Bono in Katowice und ihrem Direktor Grzegorz Zmuda herzlich gedankt, die die Produktion großzügig unterstützte und dadurch möglich gemacht hat.

Frank Harders-Wuthenow

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